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Der scheidende FIMARC-Weltpräsident Wolfgang Scharl bei seiner Eröffnungsrede anlässlich der FIMARC-Weltkonferenz.

Wolfgang Scharl war neun Jahre Weltpräsident der FIMARC - Sein Resümee fällt insgesamt positiv aus. 

Neun Jahre hat der Würzburger Pastoralreferent und Diözesan-Landvolkseelsorger Wolfgang Scharl als Weltpräsident die Geschicke der FIMARC maßgeblich mitbestimmt. Die FIMARC ist ein internationaler Verband ländlicher katholischer Erwachsenenbewegungen, dem ländliche und bäuerliche Organisationen aus rund 50 Ländern auf allen Kontinenten angehören. Satzungsgemäß wurde nun auf der Weltkonferenz in Thailand Philip Biswas aus Bangladesh zu seinem Nachfolger gewählt.

Die zwei Amtszeiten von Wolfgang Scharl waren geprägt von großen globalen Veränderungen und der Corona-Pandemie, die nach seinen Worten die internationale Zusammenarbeit spürbar erschwert haben. Das Resümee seiner Zeit als Weltpräsident fällt trotzdem insgesamt positiv aus. „Ich freue mich sehr, dass ich dieses Amt ausüben und viele neue Erfahrungen machen konnte“, erklärt Scharl. „Auch bin ich sehr dankbar für das Vertrauen, dass mir die Mitgliedsverbände all die Jahre entgegen gebracht haben.“

Als größten Erfolg seiner Zeit als Weltpräsident verbucht Scharl die Erarbeitung einer Erklärung zu Bauernrechten. Sie wurde im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen in Genf unter seiner Mitwirkung vorbereitet, ehe sie 2018 von der UN-Generalversammlung in New York verabschiedet wurde. Im Menschenrechtsrat ist die FIMARC als beratendes Mitglied tätig. Allerdings, so Scharl, ist die Erklärung nicht bindend, sondern muss in den einzelnen Staaten erst in nationales Recht umgesetzt werden. Deutschland habe sich wie eine Reihe anderer Staaten bei der Abstimmung der Stimme enthalten und lässt sich sehr viel Zeit bei der Umsetzung.

Von der Politik, so der KLB-Seelsorger, werde auch in Deutschland viel zu wenig für bäuerliche und familienorientierte Landwirtschaft getan, obwohl die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) diese Form der Landwirtschaft als besonders wichtig herausgestellt hat. Daher haben die Vereinten Nationen die Jahre 2019 bis 2028 zur Dekade der bäuerlichen Familienbetriebe erklärt. Auch das sieht Scharl als Erfolg des Einsatzes zivilgesellschaftlicher Organisationen in den Gremien der UNO. Er selbst hat in der FAO und im Welternährungsausschuss der UNO als Vertreter der FIMARC mitgearbeitet.

Trotz all dieser Bemühungen gibt es nach wie vor große Probleme für Kleinbauern. Ale Beispiel nennt Scharl „Landgrabbing“, also die illegitime oder illegale Aneignung von Land, vor allem von Agrarflächen, durch Staaten, Wirtschaftsunternehmen oder Investoren. Und das nicht nur in Afrika, Asien und Lateinamerika, sondern auch auch in Europa. Dabei ist in der UN-Erklärung zu Bauernrechten (Artikel 17/4) eindeutig festgeschrieben: „Kleinbauern und andere in ländlichen Regionen arbeitende Menschen haben das Recht auf Schutz vor willkürlicher und rechtswidriger Vertreibung von ihrem Land“. Scharl: „Die Delegierten in den Gremien der UNO vertreten oft unsere Auffassung, aber in der konkreten Umsetzung in der Politik sieht es leider meist anders aus“, so Scharl.

Bei der Eröffnung der Weltkonferenz der FIMARC in Chiang Mai (Thailand) brandmarkte der scheidende Weltpräsident denn auch die „große Ungerechtigkeit in der Welt, die Not vieler Menschen, die Zerstörung von Umwelt, den Verlust der Artenvielfalt und die schrecklichen Folgen des Klimawandels.“ Kleine Veränderungen und Anpassungen genügen seiner Ansicht nicht mehr, es brauche „grundlegend neue Wege, um Probleme zu lösen.“ Notwendig sei eine „Transformation, die Umgestaltung des gesamten Ernährungssystems“. Scharl: „Wir brauchen einen Umbau dieser Wirtschaft hin zu einer humanen, gemeinwohlorientierten und ökologisch verantworteten Wirtschaft.“

Das Welttreffen vom 26. September bis zum 4. Oktober setzte sich aus drei Teilen zusammen. Zunächst wurden in Thailand bäuerliche Betriebe und Projekte besucht, ehe sich die rund 80 Teilnehmerinnen und -teilnehmer aus 30 Ländern im Studienteil mit dem Thema „Transformation“ auseinander setzten. Dabei wurde auch ein Aktionsplan für die nächsten vier Jahre erarbeitet. Zu der Eröffnungsfeier erschien als Ehrengast der Nuntius von Thailand, Peter Bryan Wells, mit dem sich Scharl zu einem Gedankenaustausch traf. Der dritte Teil des Treffens war von Debatten über Satzungsänderungen und die Abschluss-Resolution bestimmt. Den Abschlussgottesdienst mit den Delegierten feierte der Bischof von Chiang Mai, Francis Xavier Vira Arpondratana.

010Ziel der FIMARC ist es gemäß der Abschluss-Resolution, den „ungerechten Mechanismen der Beherrschung und Ausbeutung der ländlichen und benachteiligten Bevölkerung ein Ende zu setzen.“ Und weiter heißt es: „Die globalen Krisen in den Bereichen Ernährung, Energie, Klima und die Covid-Krise machen es erforderlich, dass wir uns weiterhin für mehr Gerechtigkeit und Solidarität einsetzen.“ Multinationalen Konzernen wird vorgeworfen, dass „sie das Ackerland monopolisieren und immer größere Gewinne im Agrar- und Ernährungssektor erzielen“. Dabei werde der größte Teil unserer Lebensmittel von Kleinbauern und Landarbeitern sowie Männern und Frauen in ländlichen Gebieten erzeugt.

Auch einige Probleme, die die FIMARC selbst hat, konnten in Thailand nicht gelöst werden. Schwierigster Punkt: Die Finanzen. Bisher, so Scharl, wurde die Organisation stark von katholischen Hilfswerken verschiedener Länder wie z.B. Misereor in Deutschland unterstützt. Doch diese Unterstützung bricht immer mehr weg. Hoffnungen für ein Lösung des Problems sieht Scharl in der Suche nach Stiftungen, die bereit sind, die Arbeit der FIMARC zu unterstützen. „Leider haben wir bisher in diesem Bereich noch überhaupt keine Erfahrung. Wir müssen weiter suchen und verhandeln“, so Scharl.

Die FIMARC ist ein Zusammenschluss von ca. 50 ländlichen katholischen Erwachsenenbewegungen aller Kontinente. Die KLB ist deutsches Mitglied der FIMARC. Die Vereinigung arbeitet eng mit der Kirche, den Vereinten Nationen und anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammen und setzt sich für die Förderung der Rechte und Bedürfnisse ländlicher Gemeinschaften ein. Ihren internationalen Sitz hat die 1964 gegründete FIMARC in Belgien. Die Abkürzung FIMARC steht für „Fédération Internationale des Mouvements d'Adultes Ruraux Catholiques“ (Internationaler Verband ländlicher katholischer Erwachsenenbewegungen).

Bilder: Colette Delhez und Angelika Haaf